Immer wieder neue Ziele ansteuern

Fischzucht in diesen Zeiten setzt eine offene Denkweise voraus, die auf Agilität und Flexibilität gründet. Stef und Gijs Bardoel, die jungen Eigentümer der niederländischen Aalzucht Palingkwekerij Bardoel, steuern bei der Erzeugung ihrer hochwertigen Produkte immer wieder neue Ziele an.

Stef und Gijs Bardoel, die jungen Eigentümer der Aalzucht Palingkwekerij Bardoel.

Seit Januar 2023 sind Stef und Gijs Bardoel Eigentümer der Aalzucht Bardoel, die 1997 von ihren Eltern gegründet wurde. Die Aufgeschlossenheit der Familie und die Bereitschaft, Risiken einzugehen, um ihre Ziele zu erreichen, werden zweifelsohne von einer Generation auf die nächste vererbt. In den Jahren 2001, 2011 und 2021 wurden Investitionen zur Erweiterung und Verbesserung der Kapazität der Aalfarm getätigt. Die meisten Baumaßnahmen in der Anlage werden von Stef, Gijs und ihrem Vater durchgeführt. „Unser Vater ist sehr erfahren! Er hat mindestens fünf Aalzuchtanlagen gebaut und weiß unserer Meinung nach sehr genau, wie man die beste Anlage baut und die Aale bei Laune hält“, bestätigen Stef und Gijs.

Wir müssen jetzt handeln

In den 1990er Jahren stand die Aalzucht vor einer ungewissen Zukunft, und das ist auch heute wieder der Fall. Aalzuchtbetriebe müssen zum Besatz ihrer Zuchtbecken Zugang zu Glasaalen haben, aber leider sind die Fangmengen an Glasaalen begrenzt. Trotz der unsicheren Versorgung mit Glasaalen glauben Stef und Gijs Bardoel, dass die Aalzucht eine gute Zukunft hat. „Wir sind uns bewusst, dass Stillstand nur Rückschritt bedeutet“, erklärt Gijs Bardoel. Er fährt fort: „Man muss immer in Bewegung bleiben und immer wieder neue Ziele ansteuern! Auf Katastrophen kann man sich nicht vorbereiten. Es wird immer einen Weg geben, praktikable Lösungen zu finden. Wir müssen jetzt handeln, um unsere Stellung als zweitgrößte Aalzucht in den Niederlanden, die 20 Prozent des Aalverbrauchs in diesem Land deckt, zu halten. Wir investieren laufend in die Modernisierung unserer Zuchtanlage. Es wäre unklug zu warten, bis sie kaputt geht!“

Stef Bardoel stimmt seinem Bruder zu: „Wir tun unser Bestes. Wir unterstützen Initiativen, die sich für den Erhalt des Europäischen Aals in freier Wildbahn einsetzen, wir erzeugen qualitativ hochwertige Waren, wir haben ein hochspezialisiertes RAS-Zuchtsystem mit geringen Umweltbelastungen. Wir werden immer besser und besser!“

Eine inspirierende Aufgabe

Für Stef Bardoel war der Einstieg in die Aalzucht von Anfang an das angestrebte berufliche Konzept: „Ich habe mir immer vorgestellt, dass ich mein Leben lang Aal züchten werde! Also habe ich eine technische Ausbildung absolviert – das ist ideal für die Aalzucht. Es gibt hier viele verschiedene Dinge zu tun, und das inspiriert mich.“

Im Gegensatz zu seinem Bruder war Gijs Bardoel als Kind nicht süchtig nach der Fischzucht: „Aber irgendwie, während den letzten zwei Jahren meines Studiums der Agrarwirtschaft erwachte die Leidenschaft. Ich arbeitete an den Wochenenden und in meiner Freizeit im Betrieb und dachte: „Ja, jetzt sehe ich es. Das ist in der Tat eine interessante und sehr abwechslungsreiche Branche. Das ist mein Weg!“

Inzwischen wird der Betrieb von Stef, Gijs, ihren Eltern und einem Mitarbeiter geführt. Wenn man Stef und Gijs Bardoel kennenlernt, merkt man schnell, dass sie perfekt zusammenarbeiten, während gleichzeitig jeder seinen eigenen Interessenschwerpunkt hat. Beide Brüder kümmern sich um die Aale und um das Sortieren der Aale nach Größe. Während Stef seine technischen Fertigkeiten weiterentwickelt und sich auf die Wartung und Modernisierung der aus neun Systemen bestehenden RAS-Anlage sowie auf Bauarbeiten konzentriert, liegen die Prioritäten von Gijs eher auf den fisch- und betriebswirtschaftlichen Belangen des Betriebs.

Ruhe, Stabilität und Sauberkeit!

Auf die Frage nach den Tugenden, die für den Erfolg in der Aalzucht entscheidend sind, antworten die Brüder Bardoel mit einem Lächeln: „Ruhe, Stabilität und Sauberkeit! Um gut gedeihen zu können, müssen die an die Aalzucht gelieferten Glasaalchargen von guter Qualität sein. Glasaale kommen aus der Natur und können gewisse Krankheiten mitbringen, aber normalerweise ist das keine allzu große Sache. Als Nächstes muss man für eine hohe Überlebensrate der Glasaale sorgen, und dass sie anfangen zu fressen und kontinuierlich wachsen – hier ist vor allem Ruhe gefragt. Das Futter spielt dabei eine entscheidende Rolle, Kontinuität und Stabilität des Futters sind sehr wichtig. Das anhaltende Wohlbefinden der Aale ist auch davon abhängig, dass das Wasser in den Zuchtbecken – ihrem Lebensraum - jederzeit sauber ist.”

Nach Erreichen einer angemessenen Jungtiergröße werden 10-25 % der Glasaale, die in die Bardoel-Farm kommen, für den Besatz in der freien Natur verkauft. „Wir hoffen, dass die Besatzprogramme zur Bestandserhöhung des Europäischen Aalbestandes in freier Wildbahn beiträgt“, sagen die Brüder Bardoel. „Die Wissenschaft muss beweisen, dass dies der Bestandserholung des Aals tatsächlich hilft. Es wäre frustrierend, wenn der Fang von Glasaalen eingestellt werden müsste, da dies die Wiederauffüllung von Aalen in Gewässern verhindern würde, in die sie andernfalls nicht gelangen könnten.“

Gijs und Stef Bardoel sind sich einig, dass sich die Situation des wilden Aals verbessert. „Aber es braucht Zeit, um dies unter Beweis zu stellen“, sagen sie. „Wir sind uns bewusst, dass wir nicht zu der Situation der 1980er Jahre zurückkehren können, als der Aalbestand in den Binnengewässern noch recht hoch war. Heutzutage behindern Staudämme, Kraftwerke und andere Bauwerke die Wanderung der Aale zu ihren natürlichen Lebensräumen. Die Situation der Glasaale entlang der europäischen Küste in Spanien, Frankreich, den Niederlanden, Belgien usw. wird verfolgt. Jetzt hat sich die Glasaal-Einwanderung an den Küsten zum Glück erhöht – dies wurde jedoch noch nicht als Beweis für eine Erholung der Bestände anerkannt. Leider wurde auch noch keine Entscheidung darüber getroffen, wie viel „genug“ ist.“

Schmackhaft und gesund

Jeder Fischproduzent ist darauf bestrebt, dass seine Zucht erfolgreich verläuft. Der Vermarktung des Produkts muss die gleiche Bedeutung beigemessen werden. Die Aalzucht Bardoel verkauft lebende Aale an große Räuchereien und an Großhändler in den Niederlanden, die sie an kleinere Räuchereien weiterverkaufen. Die Bardoels verkaufen auch an andere europäische Märkte. Außerdem betreiben sie eine eigene traditionsreiche Räucherei und verkaufen geräucherten Aal über den Bardoel-Hofladen, dessen Leitung in den erfahrenen Händen der Mutter liegt.

In den Niederlanden wird pro Kopf nicht viel Fisch gegessen – Fleisch, Gemüse und Kartoffeln sind die bevorzugten, klassischeren Gerichte. Laut Stef und Gijs Bardoel wird Aal, insbesondere geräucherter Aal, heutzutage vor allem von älteren Menschen als Delikatesse verzehrt.

Trotz dieser Traditionen zeigen aber auch jüngere Menschen ein gewisses Interesse am Verzehr von Aal, berichten die Bardoels: „Wir ermutigen die junge Generation, Aal zu kosten. Und die Reaktion ist positiv: sie lieben es, sie mögen es! Die junge Generation erkennt an, dass Aal und andere Fische gesunde und nahrhafte Lebensmittel sind und dass die Aalzucht mit wenig Umweltbelastung einhergeht. Außerdem sehen wir die Pescetarier, d. h. Menschen, die Meeresfrüchte in eine ansonsten vegetarische Ernährung integrieren, als einen Nischenmarkt an, der eingehender untersucht werden kann.“

Glauben an die Zukunft

Die Bardoels glauben an die Zukunft: „Aal ist eine traditionsreiche niederländische Delikatesse mit einem unvergleichlichen Geschmack. Es handelt sich um einen köstlichen Fisch, der dank seiner nachhaltigen und vollständig rückverfolgbaren Aufzucht verantwortungsvoll verzehrt werden kann. Der Eel Stewardship Fund unternimmt große Anstrengungen, um über soziale Medien, Hinweisschilder, Veranstaltungen in Fischgeschäften und Fernsehkochsendungen für Aal zu werben. Wir Aalzüchter und die gesamte Aal-Community müssen weiterhin gemeinsam handeln und dafür sorgen, dass Aal erhältlich ist.“