Man muss schon verrückt sein, um Aale zu züchten!

Junge Fischzüchter gehen ihre Sache mit Optimismus an. Jan Götting ist einer von ihnen.

„Ich bin bereit, in dieses fortwährende Abenteuer zu investieren.“ Jan Götting.

Jan Götting betreibt seine Aalzucht in der Nähe von Cloppenburg, in Deutschland. Der Aalhof Götting wurde 1986 von seinem Vater Gert Götting gegründet. Auf dem Betrieb wurde seit 1654 traditionelle Landwirtschaft mit Viehzucht und Ackerbau betrieben. Gert Götting hatte immer die Idee diesen Betrieb fortzuführen und begann entsprechend eine Ausbildung zum Landwirt.

Warum nicht etwas Neues ausprobieren?

Durch einen Unfall und einen längeren Krankenhausaufenthalt gestaltete sich die direkte Fortführung des Betriebes aber schwierig. Während dieser Zeit las Gert Götting in einer Zeitschrift einen Artikel darüber, dass in China Fisch in Hängematten gezüchtet wird, die in einem See hängen. „Warum nicht einfach etwas Neues ausprobieren?“, dachte er sich, und kurz nach Abschluss des agrarwirtschaftlichen Studiums besuchte er in Dänemark einige Aalzuchten, die vor kurzem entstanden waren. Er wollte wissen, was nötig ist, um in seinem Unternehmen in Cloppenburg eine Aalzucht aufzubauen.

Die ersten Versuche der Zucht in rezirkulierenden Aquakultursystemen (RAS) wurden in 10-15 Becken von der Größe einer Badewanne durchgeführt. Learning by doing bedeutet, dass man akzeptieren muss, dass die Lernkurve bisweilen steil und sehr teuer sein kann. Aber das Ergebnis war vielversprechend. Später baute er dann neue Gebäude für die Indoor-Zucht, und heute werden dort rund 180 Tonnen Aal erzeugt.

Bei der Ankunft auf der Farm wiegen die Glasaale etwa 0,3 Gramm. Die Hälfte der Aale wird bei einem Gewicht von 3-10 Gramm an Fischereivereine, Behörden und Angelvereine verkauft, um sie in freier Wildbahn wieder auszusetzen. 10-15 % der gezüchteten Aale werden über den Hofladen an Privatpersonen verkauft. Laut Jan Götting ist der Verkauf ab Hof zwar arbeitsintensiv, ermöglicht aber gute Verkaufspreise und bietet die Möglichkeit, Aal als gesunde, schmackhafte und nachhaltig gezüchtete Alternative zu anderen tierischen Proteinquellen zu vermarkten. Die anderen ausgewachsenen Aale werden frisch und ausgenommen an Räuchereien verkauft, weitere werden lebend an Großhändler verkauft.

Grundlagen im Ingenieurwesen

Jan Götting wuchs mit der Aalzucht auf. Er ging seinem Vater bei der Fütterung der Fische zur Hand und auch seiner Mutter, die für den Verkauf an Kunden aus der Region zuständig war - und es immer noch ist.

Jan Götting hat einen Master-Abschluss in Wirtschaftsingenieurwesen. Nach seinem Studium arbeitete er 7 Jahre als Ingenieur in einem Unternehmen, das sich hauptsächlich mit landwirtschaftlichen Bauprojekten für Geflügel und Schweinefleisch befasste. Für kurze Zeit war dieses Unternehmen aber auch an Projekten für die Indoor-Zucht von Flusswelsen beteiligt.

„2018 habe ich meinen Job als Ingenieur aufgegeben, um mich viel intensiver mit der Aalzucht zu beschäftigen. Jetzt bin ich hauptberuflich Aalzüchter, leite den Aalhof Götting gemeinsam mit meinem Vater und bin froh, dass ich diesen gut aufgestellten Betrieb übernehmen konnte“, erzählt Jan Götting. „Im Moment arbeiten wir zu dritt hier, und hoffentlich werden wir bald zu viert sein. Es ist wichtig, gute Mitarbeiter zu haben, die Verantwortung für die Fischzucht und die Fische übernehmen, schließlich geht es um viel Geld!“.

Fische züchten? Spinnst du?

Damals, 1986, schüttelte man in der ländlichen Nachbarschaft den Kopf über Gerd Götting's Aalzucht-Abenteuerpläne: „Fische züchten? Spinnst du? Das klappt doch nie!“ Heute, 37 Jahre später, erlebt Jan Götting die gleiche Verwunderung. „Aber für mich ist es eine Leidenschaft, und ich sehe erfolgreiche Jahre vor uns“, erklärt Jan Götting. „Aale zu züchten ist teuer, aber je mehr man züchten und verkaufen kann, desto rentabler wird es. Der Markt ist stabil, und ich bin bereit, in dieses fortwährende Abenteuer zu investieren.“

Ich sehe keine negativen Zeichen für die Zukunft

„Die Aalwirtschaft trägt primär zur Wiederauffüllung und Stärkung des Aalbestandes in der freien Natur bei“, sagt Jan Götting. In Deutschland begann die Besatz der Binnengewässer mit Aalen vor mehr als einem Jahrhundert. „Und mit den seit 2007 geltenden EU-weiten Verpflichtungen zur Wiederauffüllung des Europäischen Aalbestandes sehen wir jetzt, dass sich der Aal relativ gut erholt hat“, erklärt Jan Götting und fährt fort: „Ich sehe gute Anzeichen für die Erholung der Wildbestände. Ich unterhalte gute partnerschaftliche Beziehungen zu Kollegen in Deutschland und in den Niederlanden, und wir alle sind besorgt über die politischen Entscheidungen, die in Bezug auf die Verfügbarkeit von Glasaalen für die Wiederauffüllung in unseren Betrieben getroffen werden. Aber ich sehe keine negativen Zeichen für die Zukunft. Ich bin Optimist!“.